Archiv der Kategorie: Zeitgenössische Literatur

Liebe in einer vergessenen Katastrophe.

Fatin Abbas |Foto: © Marie Constantinesco

Ein unruhiges, instabiles und heißes Land in Afrika. Mittendrin ein Biotop, in dem Menschen aus unterschiedlichen Nationen friedlich zusammenleben. Trotz aller Differenzen gelingt ihnen ein Alltag ohne Hass und Gewalt. Dieses Glück, sofern man davon reden kann, ist spürbar. Doch die Basis ist fragil, alles kann schnell vorbei sein. Und das ist es dann auch. Als eines Tages eine verbrannte Leiche aufgefunden wird, gerät das Leben von Layla, Dena, William, Alex und Mustafa ins Wanken. Aber halt, bleibt bei mir, bei uns, denn „Zeit der Geister“ von Fatin Abbas ist mutig und bemerkenswert, absolut lesenswert wie schön. Trotz allem. Oder gerade deshalb?

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Von einem Verlierer, der ein Gewinner ist.

Barbara Kingsolver | © Foto: Evan Kafka

„Ich sagte, dass mich noch nie jemand gefragt hatte, was ich werden wollte, wenn ich groß war, darum wüsste ich es nicht. Hauptsache, noch am Leben.“ Wenn es einen Satz gibt, der exemplarisch für die Hauptfigur des Romans „Demon Copperhead“ steht – dann dieser. Wann hatte ich zuletzt mit einer literarischen Figur eine so enge Beziehung gehabt wie mit Demon? Ich weiß es nicht.

In jedem Fall spüre ich jetzt nach der Lektüre eine, sagen wir, literarische Melancholie. Abschied nehmen von einem Protagonisten, der mir ans Herz gewachsen ist. Gleichzeitig empfinde ich große Dankbarkeit für diese Begegnung und die Möglichkeit, euch nun von Demon zu erzählen. Für mich ist dieser Roman ein Meilenstein auf der Straße der vielen Neuerscheinungen.

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Licht im dunklen Flur der Vergangenheit.

Mit einigen Büchern verhält es sich wie mit Menschen. Zu manchen haben wir sofort eine Verbindung, sie ist einfach da wie der Sonnenkuss auf unserer Nasenspitze. Wohlig warm, angenehm vertraut, obwohl wir uns noch gar nicht kennen. So ist es mir mit „Die lichten Sommer“ von Simone Kucher ergangen, nachdem ich die ersten Zeilen vorab lesen durfte. Nun erscheint das Debüt, und ich bin mindestens genauso aufgeregt wie die Autorin und der Kjona-Verlag.

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Weihnachtsspezial 2023 Teil 2 – Mit offenen Armen.

Als Buchhändlerin werde ich in der Vorweihnachtszeit oft nach schönen Büchern gefragt, die in erster Linie einen Zweck zu erfüllen haben: Sie sollen dem Beschenkten guttun, ablenken vom Zustand der Welt und die Seele streicheln. Während Herr Klappentexter in seinem Weihnachtsspezial direkt hinschaut, was die Welt derzeit umtreibt und was sie vor allem jetzt bitternötig hat, schaue ich nach oben in den Bücherhimmel und danke für die vielen wunderbaren Fluchten. Trotzdem findet ihr in meinem Spezial vielseitigen Lesestoff und echte Entdeckungen.

Sozusagen in letzter Minute sind uns, fast wortwörtlich, zwei Bildbände ins Haus geschneit, die Herr Klappentexter euch unbedingt noch empfehlen möchte. So ist der zweite Teil unseres Weihnachts-Spezials auch – wie alles auf unserem Blog – als gemeinschaftliche Mission zu sehen.

Nun winken wir voller Liebe und Dankbarkeit euch allen zu. Es war so schön, dass ihr auch in diesem Jahr bei uns wart und unseren Blog mit wertschätzenden Kommentaren bereichert habt.

Wir wünschen euch allen ein friedvolles und bücherfeines Weihnachtsfest und einen geschmeidigen Rutsch ins neue Jahr!

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Weihnachts-Spezial 2023 – Wie wär´s mit mehr Solidarität?

Nie zuvor war die Menschheit besser informiert als heutzutage. Das Ergebnis nach einem weiteren Jahr: ein neuer Krieg. Und der Höhenflug einer populistischen Partei, die so gut wie keine Inhalte hat, sondern vor Vorbehalte. Schlimmer noch: Sie plädiert für eine Abkehr von der Solidarität und möchte Menschen, die bei uns Schutz suchen, die Tür vor der frierenden Nase zuschlagen. Ob diese Partei in ihrer Zentrale auch einen Weihnachtsbaum aufstellt? Wenn ja, sollte man sie dringend an das christliche Ideal der Humanität erinnern.

Humanität bedeutet nichts anderes als Empathie, Toleranz und Respekt gegenüber anderen Menschen. Woher sie auch immer kommen. Setzt allerdings voraus, dass man als Mensch einen anderen versteht und mitfühlt. Da müssen wir noch nicht einmal an den rechten Rand rutschen, auch in der sogenannten Mitte der politischen Parteienlandschaft wird laut gerufen: „Weg mit dem Bürgergeld!“ Von wegen, es würde die Menschen von der Arbeit abhalten. Da könnten sie auch gleich rufen: „Zurück zur Zwangsarbeit!“ Und Friedrich Merz kontrolliert das Ganze aus seinem eigenen Flieger, ob dann auch die faulen Finger fleißig am Ausbau der Autobahnen schuften. Mehr Autos, weniger Solidarität! Sollte den Slogan der CDU verkaufen und das Geld dann spenden. Zum Beispiel für die Tafeln, die mit immer weniger Geld immer mehr Menschen zu versorgen haben. Was kaum jemanden zu stören scheint. Was kann also helfen? Mehr Solidarität in jedem Fall. Und gute Literatur, die ja, wenn sie wirklich gut ist, zum Nachdenken anregt und Horizonte erweitern kann.

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Ein Sohn namens Gloria. Gloria Hemingway.

Ernest Hemingway und seine Söhne Patrick (links) and Gregory (rechts). © Foto: Ernest Hemingway Photograph Collection, John F. Kennedy Presidential Library and Museum, Boston.

Gloria Hemingway? Hemingway-Kenner:innen wissen wahrscheinlich, welches Schicksal sich dahinter verbirgt. Mir war dieser besondere Mensch bisher unbekannt. Bis ich „Hemingways Kind“ von Russell Franklin gelesen habe.

Klar kennen wir alle den Großschriftsteller Ernest Hemingway. Sein Leben, einige Menschen aus seinem reichen Leben und natürlich seine Bücher. Weniger bekannt ist sein Sohn Gregory. Russell Franklin hat sein Debüt „Hemingways Kind“ Gregory – auch „Gig“ oder „Greg“ genannt – gewidmet. Für mich zählt dieser Roman zu den literarischen Highlights dieses Jahres.

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Überleben. Irgendwie.

Foto: Lauren Groff | © Eli Sinkus

Lauren Groff zählt zu den großartigsten Autorinnen unserer Gegenwart. So war schnell klar, dass ihr neuer Roman „Die weite Wildnis“ für mich ein Must-Read sein wird. Soviel vorweg: Es hat sich gelohnt, denn die Autorin hat mich erneut begeistert. Bereits nach wenigen Sätzen wurde ich von ihrer Sprache regelrecht umgarnt. Und diese besondere Sprache ist auch das leuchtende Kontrastmittel zur düsteren Geschichte, die sie uns erzählt.

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Frieden mit dem Leben. Und dem Tod.

So sieht der Winter in Minnesota aus. Foto: Noah Newbauer auf Pixabay

Wie ist es, einen Menschen zu pflegen? Noch dazu den eigenen Sohn. Nicht die Mutter, nicht den Vater. Denn der ist es in Richard Fords Valentinstag, der seinen todkranken Sohn pflegt. Und dieser Vater ist als 74jähriger schon genug mit seinen eigenen Malaisen beschäftigt. Sein Name: Frank Bascombe.

Ein alter Bekannter aus früheren Werken von Ford. Ähnlich wie wir´s von Updike mit seinem Rabbit kennen, lässt uns auch Richard Ford immer wieder teilhaben an den verschiedenen Lebensabschnitten seines Protagonisten.

Bascombe ist ja in einem Alter, in dem man sich längst zur Ruhe gesetzt hat. Wenn das bei ihm so wäre, gäb´s nur nix mehr zu erzählen. Statt sich vor dem Kaminfeuer die Füße zu wärmen, arbeitet Frank weiterhin im Immobiliengeschäft. Huh, eigentlich eine eklige Branche.

Über seinen Chef sagt er: „Mike Mahoney, mein Möchtegern-Boss, ist wie immer ein halbwegs liebenswerter, quasi-ehrlicher Unternehmerdynamo, der es zu seinen angeborenen Vorzügen zählt, dass all seine geldgierigen Beutezüge auch das Leiden anderer lindern, indem er sie von ihren Lasten befreit – ihren Häusern (…).“

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Schwimmen mit Elefanten.

„Dalee“ von Dennis Gastmann erinnert mich daran, warum ich meinen Beruf als Buchhändlerin so liebe und weshalb ich den Blog seit dreizehn Jahre mit Texten fülle. Weil es stets eine ganz besondere Freude ist, wenn ich in den unzähligen Neuerscheinungen einen funkelnden Diamanten wie dieses Werk entdecke.

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Ein Mann am Meer, ein anderer geht über Bord und dann stürzt ein Hotel ein.

Illustration: Anna Gusella / kunstanstifter Verlag

Endlich Ferien. Endlich Urlaub. Endlich durchatmen, die Anstrengungen der letzten Monate von sich abperlen lassen. Ob am Meer, im Gebirge oder irgendwo dazwischen. Für viele ist der Sommer immer noch die schönste Zeit des Jahres, vor allem, endlich Zeit für sich selbst zu haben. Für die Liebsten. Und natürlich Zeit, ein gutes Buch zu lesen.

Für all diejenigen und natürlich für unsere treuen Follower:innen ist dieses alljährliche Spezial – wie gewohnt in zwei Etappen. Heute starte ich, Herr Klappentexter folgt mir die Tage. Es erwarten euch spannende, klassische, aufwühlende und bezaubernde Bücher. Also Lesekappe auf, Badebrille dazu – oder umgekehrt? – und schon lockt das Meer der Bücher.

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