Mehr als nur ein Krimi.

Oliver Bottini hat sich mit seinem neuen Krimi „Der kalte Traum“ was Großes vorgenommen. Einerseits taucht dieses Mal nicht seine beliebte Kommissarin Louise Bonì auf. Andererseits widmet er sich einem jüngeren Teil europäischer Geschichte und verknüpft dabei verschiedene Menschenschicksale miteinander.

Idyllisch und poetisch beginnt das Geschehen, ganz vertraut im Bottini Stil. Von „rotgoldenen Wäldern“ und einem „sanftmütigen Tal“ ist die Rede. Nur wenige Atemzüge und ich lehne mich entspannt zurück, bis ein kalter Wind durch die Seiten fegt, der mich aufhorchen lässt und die Ruhe zur Seite schiebt. Es ist der Fremde, der die Landschaft beobachtet. Da gehen meine Alarmantennen ganz automatisch an, so wie er das Tal bei Rottweil in Augenschein nimmt. Saša Jordan sucht Thomas Ćavar.
Mehrere Kilometer nordöstlich bittet Richard Ehringer seinen Neffen, ein Berliner Kommissar, nach Thomas Ćavar in den Datenbanken zu suchen. Und in Zagreb stößt die engagierte Journalistin Yvonne Ahrens auf ein Kriegsbild vom Kapetan. Hinter dem Namen soll sich kein anderer als Thomas Ćavar verbergen, ihr Jagdinstinkt ist geweckt. Woher kommt plötzlich das Interesse an einem Mann, der vor 15 Jahren im Bosnienkrieg gestorben sein soll? Eine Frage, die über allem schwebt und eine Hetzjagd nach sich zieht.

In verschiedenen Handlungssträngen verfolge ich die Suche und bewege mich zwischen dem Gestern und dem Heute. So begegne ich im Jahre 1990 dem jungen Thomas. Damals, als alles noch in Ordnung war. Glücklich umschleicht er wie ein Hund seinen neuen Ford Granada 2.0. und kann es kaum erwarten loszufahren. Hat er sich doch „ein Jahr und sieben Tage“ darauf gefreut. Unbeschwert genießt Thomas mit seiner Freundin Jelena die Autofahrt: „Der warme Fahrtwind, die Musik, Jelenas Hand auf seinem Schenkel, so konnte das Leben bleiben.“ Doch das wird es nicht. Wenige Stunden später brodelt es im heimischen Wohnzimmer, der Vater bringt es auf den Punkt: „Sie stehlen uns die Heimat!“ Der Blick wandert nach Kroatien, wo einige Tage zuvor „Serben Straßen- und Schienensperren errichtet und eine kroatische Polizeistation geplündert“ wurde. Zu diesem Zeitpunkt nimmt Thomas den Konflikt mit jugendlichem Leichtsinn hin, träumt mehr von einer romantischen Nacht mit seiner Liebsten, interessiert er sich nicht für Politik und Heimat. Noch nicht. Nur wenige Monate später sollte sich das ändern, als er der persönliche Chauffeur von Josip Vrdoljak, dem Mitbegründer der Kroatischen Demokratischen Gemeinschaft (HDZ) wird.

Im Oktober 2010 erfährt unterdessen der Kommissar Lorenz Adamek bei seinen Recherchen, dass sich auch andere nach Thomas Ćavar erkundigen, wie Ivica Markoić, ein Vertrauter Tuđmans. Das verrät ihm sein Onkel, ein ehemaliger hochrangiger Politiker. Er ist es auch, der den Kommissar nicht nur die Hintergründe über den Krieg in Osteuropa näher erläutert, sondern ihn auf eine zweite Möglichkeit bringt, die da lautet: „Keine Leiche. Kein Grab.“ Denn wer interessiert sich schon für einen Toten?

Die Lektüre setzt mehr Wissen über den Balkankonflikt heraus, als ich angenommen habe. Oliver Bottini fordert mich. Er schickt mich durch den jüngeren Teil europäischer Geschichte, der mir durchaus bekannt, aber nicht immer hundert Prozent vertraut ist. Es tauchen Namen und Abkürzungen wie Tuđman, Operation „Sturm“, ICTY sowie politische Hintergründe auf. Einige Lücken stoppen meinen Lesefluss, aber ich bin da nicht die Einzige, wenn ich zu Adamek schaue: „Er wusste nicht viel über Kroatien und diesen dummen, grauenhaften Krieg.“ Gott sei Dank gibt es ein umfassendes Glossar, in dem ich wichtige Namen nachlesen und aufkommende Fragezeichen wegwischen kann. Der Autor hat viel Zeit in sein Werk investiert und gewissenhaft recherchiert, das merke ich mit jeder Seite mehr. Dabei zieht er den Vorhang auf und öffnet mir den Blick hinter die Kulissen. Ich erspähe die politischen Machenschaften und die Konflikte zwischen den Volksgruppen, den Hass aufeinander und das Blutvergießen. Oliver Bottini verdeutlicht in seinem Krimi genauso das Schicksal der unabhängigen kroatischen Journalisten, die Licht in das Dunkel bringen wollen und immer wieder zum Schweigen gebracht werden, nicht selten sogar ihr Leben verlieren müssen. „Wer kroatische Kriegsverbrechen recherchiere, begebe sich in Gefahr.“ Den Journalisten hat er seinen Krimi gewidmet und damit ein Denkmal gesetzt.

Oliver Bottini ist ein großer Roman gelungen, wenngleich ich natürlich gestehen muss, dass mir Louise Bonì ein bisschen gefehlt hat. Ich bin eine sporadische Krimileserin, die vor allem ein Herz für eigenwillige und etwas entrückte Ermittler und Kommissarinnen hat. Der Autor konnte meine Sehnsucht trotzdem ein wenig stillen, indem er jedem seiner Protagonisten charakterstark gezeichnet und mir nahe gebracht hat wie den hin- und gerissenen Berliner Kommissar oder die engagierte Journalistin Yvonne Ahrens. Für mich ist dies kein typischer Krimi, in dem nur die Aufklärung eines Mordes im Vordergrund steht. „Der kalte Traum“ ist viel mehr ein packender und wissensreicher Politthriller in einer gut erzählten Sprache, die manchmal poetisch und manchmal unwahrscheinlich klar heraussticht. Man sollte in jedem Fall Zeit für dieses anspruchsvolle Buch mitbringen. Wer dies beherzigt, wird eindrucksvolle und spannende Lesemomente erleben.

Oliver Bottini.
Der kalte Traum.
Februar 2012, 448 Seiten, 18,99 €.
DuMont Buchverlag.

26 Gedanken zu „Mehr als nur ein Krimi.

  1. Brigitte Schulz-van Lier

    Vielen Dank. Mir aus der Seele gesprochen. Ich habe dieses Buch in einem Zug durchgelesen; für Ostern ist das zweite Mal geplant. Ein solches Buch ist Spannung, Gefühl Geschichte, Politik – alles in einem. Mehr kann man wohl nicht erwarten.

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    1. Klappentexterin Autor

      Vielen lieben Dank! Du hast wertvolle Worte für dieses Buch gefunden, denen ich mich nur anschließen kann. Dies ist durchaus ein Krimi, den man ein zweites Mal lesen kann, bzw. sogar möchte.

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  2. nantik

    Heute ist wohl Bottini-Tag, liebe Klappentexterin. Immerhin habe ich vorhin ja auch meine Rezi online gestellt. Was soll ich sagen? Nichts! Ich kann nämlich nur kräftig nicken. Ein ganz wunderbarer Roman! Nur in einem Punkt kann ich dir nicht zustimmen. Da ich Louise Bonì nämlich so gar nicht leiden kann, habe ich sie so gar nicht vermisst. 😉

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    1. Klappentexterin Autor

      Du sagst es! Mir fiel da vorhin noch ein Wort ein, liebe nantik: Synchron-Bloggen. ; ) Obwohl ganz zeitgleich hat es ja nicht geklappt, aber lassen wir das mal außen vor und setzen dafür deine wunderbare Rezension hier rein: http://mycrimetime.wordpress.com/2012/04/02/unkaputtbare-kriegsfratze-%E2%80%9Eder-kalte-traum-von-oliver-bottini/.
      Und zu Louise Bonì: Ja, ich weiß, du und die gute Louise – ihr zwei hattet ein recht angespanntes Verhältnis.

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  3. Melissa

    Ich kenne diesen Roman und Autor noch nicht. Aber da ich Jacques Berndorfs Eifel-Krimis sehr schätzen gelernt habe, in denen auch Politik, Krimi und Geschichte zusammengeführt werden, bin ich auf Oliver Bottini dank dir nun neugierig geworden!
    Tolle Rezension!

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    1. nantik

      @Melissa: Öhm, die Eifel-Krimis von Jacques Berndorf sind zwar richtig gut, lassen sich aber mit diesem Roman von Bottini wirklich nicht vergleichen. Politik und Geschichte werden im „Kalten Traum“ viel komplexer, tiefgründiger und intellektueller behandelt, als es Berndorf in allen seinen Krimis zusammen macht. Gegen Bottini ist Berndorf da ne lahme Hausfrau (um es mal überspitzt auszudrücken). 😉

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      1. Klappentexterin Autor

        Ich danke dir, liebe Melissa für deinen Besuch und Kommentar. Du kennst Oliver Bottini noch nicht? Na, dann wird es aber allerhöchste Zeit. Und dir danke ich, liebe nantik, dass du dich zu den Eifel-Krimis geäußert hast, dazu kann ich leider gar nichts sagen.

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  4. buzzaldrinsblog

    Ich bin eigentlich jemand, der immer einen großen Bogen um Krimis macht … bis auf die Romane von Stieg Larsson habe ich kaum etwas gelesen, was einem Krimi nahekommt. Ich bin mir nicht sicher, woher diese Abneigung kommt … vielleicht ist es die Angst davor, dass mein Geschmack durch zu viele Krimis verkümmern könnte. Dabei gibt es doch sicherlich auch anspruchsvolle Krimis, oder?
    Der hier hört sich zumindest sehr gut an und kommt direkt auf meine Wunschliste! Danke für die tolle Empfehlung eines Buches, um das ich wahrscheinlich sonst einen großen Bogen gemacht hätte.
    Liebe Grüße
    Mara

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    1. nantik

      @Mara: Vertraust du deinem eigenen Geschmack so wenig, dass du ständig Angst hast, ihn mit diesem oder jenen Genre versauen zu können? Wie schade! Schließlich gibt es in jedem Genre gute, wertvolle aber auch banale Bücher. Selbst in der sogenannten Hochliteratur. Einfach mal die Vorurteile ablegen und sich selbst ne Meinung bilden. Sonst machst du dich nur selbst arm, wenn es um Literatur gibt, weil dich deine Denkschubladen um viele guten Geschichten bringen. Vorurteile haben noch nie jemanden weitergebracht. 😉

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    2. Klappentexterin Autor

      Liebe Mara,
      ich kann deine Befürchtungen gut nachvollziehen, ich gehöre eher zur sporadischen Krimileserschaft und bin sehr wählerisch. Meine Erfahrung zeigt mir, dass es nicht leicht ist, sofort gute Krimis zu finden, da muss man schon genau hinschauen und manchmal kann man sich täuschen. Der Buchmarkt wird heute beinah mit Krimis überschwemmt, da ist viel Ausschuss dabei. Aber es gibt sie, die guten, solche wie diesen hier! Da lohnt sich die Suche und das sich Darauf-Einlassen. Ich wünsche dir jedenfalls viel Freude beim Entdecken!

      Liebe Grüße
      Klappentexterin

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  5. Brigitte Schulz-van Lier

    Es ist sehr schade, dass es dieses Schubladen-Denken gibt: „Krimis“
    können ganz wunderbare Romane sein! Und in guten Romanen, da fällt mir auf Anhieb Orhan Pamuks „Meine Farbe sei rot“ versteckt sich auch eine spannende Kriminalgeschichte (neben einer Liebesgeschichte, Kunstgeschichte – und vieles andere mehr).
    Es wäre schön, wenn Leser sich gegen dieses Schubladendenken wehren und objektiv an die Auswagl ihres Lesestoffes gingen.

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  6. buzzaldrinsblog

    Liebe Brigitte, liebe nantik,
    ihr habt natürlich vollkommen recht mit euren Anmerkungen. So ernst ist meine Abneigung auch sicherlich nicht ausgeprägt – wenn mich ein Buch anspricht, dann kaufe ich es mir – egal welchem Genre es angehört. Wenn ich in einem Buchladen wie Thalia bin, gehe ich nur häufig nicht an die Tische mit Krimis oder Fantasyliteratur – ob das eine bewusste Entscheidung ist, oder nicht, weiß ich nicht. Es ergibt sich meistens einfach nicht.
    Ich freue mich aber, dass ihr mir ein bisschen ins Gewissen geredet habt und ich werde versuchen, mich auch mal aus meinem Schubladendenken heraus auch anderen Genres zu öffnen. Ein bisschen tue ich das ja auch schon mit meiner aktuellen Lektüre und der neue Stephen King ist dank deiner hervorragenden Rezension, nantik, auch schon gekauft worden!
    🙂
    Mara

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  7. Ada Mitsou

    Ich kann Maras Befürchtung schon verstehen, weil ich selbst auch nicht ganz frei von diesem „Schubladendenken“ bin, wenn auch bei einem anderen Genre.
    Krimis habe ich erst sehr spät für mich entdeckt, wobei ich gar nicht genau sagen kann, warum ich nicht vorher danach gegriffen habe, denn eigentlich mochte ich das Genre bereits in Bezug auf Filme. Und ja, mittlerweile kann ich filtern und habe schon einige tolle Bücher für mich entdeckt.

    Aber wenn ich nun darüber nachdenke, wie ich zu Fantasyromanen stehe, dann könnte ich einen ähnlichen Kommentar wie Mara schreiben.
    Wenn ich nun mal für uns beide sprechen darf: Es ist nicht so, dass wir nicht wüssten, dass es in jedem Genre auch Perlen gibt, aber wir fühlen uns durch die Präsentation der Medien bzw. die Masse (sie bei Krimis, ich bei Fantasy) so erschlagen, dass es unglaublich schwer ist, diese Perlen zu erkennen, zumal wir uns in den Bereichen überhaupt nicht auskennen.

    Ich glaube, Mara hat sich bloß etwas unglücklich ausgedrückt, als sie sagte, dass ihr Geschmack durch zu viele Krimis verkümmern könnte. Ich vermute eher, dass sie meinte, dass der Krimi-Markt so dermaßen boomt, dass natürlich auch eine Menge (subjektiver) Mist dabei ist (nantik, du weißt sicher, was ich meine 😉 ) und man sich als Laie erstmal durch den ganzen Mist wühlen müsste, um das Anspruchsvolle überhaupt finden zu können.
    Doch zum Glück gibt es ja solche Seiten wie Crime Time, wo man sich schon mal ein paar Tipps holen kann, um nicht zu verkümmern 🙂

    Es ist also weniger ein „Krimis sind doch alle seichter Mist“, sondern viel mehr ein „Der Krimimarkt ist so umfangreich, dass ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll und befürchte, dass ich erst eine Menge seichtes Zeug lesen muss, um die anspruchsvolleren Perlen dazwischen entdecken zu können“.

    Mara, sollte ich dich falsch verstanden haben, korrigier mich bitte!

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  8. buzzaldrinsblog

    Liebe Ada,

    danke für deinen Kommentar und die zusätzlichen Erläuterungen. Ich bin auch erleichtert, dass sich hier noch jemand äußert und nicht alle schweigend denken: „ach, die ignorante Mara!“. 😉
    Du hast mich richtig verstanden und ich freue mich, dass du meine Gedanken in Worte kleiden konntest – besser als mir das bisher gelungen ist. Mein Kommentar war sicherlich etwas unbedacht und reichlich naiv. Jedoch wollte ich ganz bestimmt keinem Krimileser damit auf den Schlips treten – auch wenn ich jetzt im Nachhinein verstehen kann, dass sich jemand der gerne Krimis liest, von meinen Worten angegriffen gefühlt hat. Das tut mir sehr leid und lag nie in meiner Intention.

    Liebe Grüße
    Mara

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    1. wortlandschaften

      Ich habe das auch nicht so verstanden. Dein Kommentar war vielleicht etwas flapsig oder unglücklich ausgedrückt, wie Ada schrieb. Eine Intention irgendwen zu verletzen oder auch den Stolz um den besagten Bogen, den Du bisher um Krimis machtest, den muss man schon zwischen den Zeilen lesen bzw. in sie hineinlegen, finde ich. Für mich ist das hier ein typisches Beispiel missglückter Kommunikation im Internet, die sich mit ein bisschen Bemühen, den anderen verstehen zu wollen, ohne Beschuldigung und Entschuldigung hätte klären lassen. Besonders nach dem nachgeschobenen Kommentar. Statt darauf zu reagieren und vielleicht noch einmal nachzuhaken, einen kleinen Dialog zu starten, wird lieber die Goldwaage herausgeholt und werden bestehende Klischees zementiert. Das finde ich schade!

      In Thalia oder der Mayerschen ging es mir schon so ähnlich wie Dir. Das hat verschiedene Gründe. Fantasy ist bei mir z.B. ein Genre, das ich bisher komplett außen vor ließ und mich nicht besonders interessierte. Eine Zeitlang dominierten die Vampirgeschichten diesen Bereich, so dass mich das auch zum Stöbern nicht gerade magisch anzog. Bei übermäßig beworbenen Titeln werde ich sowieso skeptisch. In erster Linie muss natürlich Interesse vorhanden sein. Dann wäre eine gute Beratung oder ein konkreter Titel, z.B. eine Empfehlung, ein erster Schritt durch die Tür zu einem mir unbekannten Genre. Sonst wäre ich da bestimmt auch verloren und die Tür flöge vielleicht wieder zu, bevor ich sie richtig geöffnet habe. Aber dafür sind sie ja da, die Feuilletons, Blogs, Leseproben usw.

      Frohe Ostern!

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  9. nantik

    Zwischen Mara und mir hat inzwischen ein E-Mail-Austausch stattgefunden. Auch nicht eben glücklich, aber wenigstens wurde die Sache geklärt. Und jetzt erklären Ada und Wortlandschaften, wie es eigentlich zu verstehen ist und verschlimmbessern mit dieser Einmischung. Nein, keine frohe Ostern. 😦
    Tschüß.

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  10. Brigitte Schulz-van Lier

    Guten Morgen, Mara, ich wollte Dich nicht kritisieren, nur etwas mehr Verständnis für mich als begeisterte Krimileserin erhalten. „Krimis“ werden meist als minderwertige Lektüre betrachtet, Romane von vielen übrigens auch. Dabei sind Romane – und für mich snd Krimis auch Romane – laut Orhan Pamuk sinngemäß eine der größten Errungenschaften des europäischen Westens (nur sinngemaß, kein Zitat). Fröhliche Ostern ür alle (warum finde ich hier keine Kommentare von Männern???) – Brigitte

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  11. Ailis

    Hm, ein bisschen schockt mich diese Diskussion hier schon. Ich glaube Mara, dass sie nichts Böses wollte, warum sollte ich auch nicht, aber ihre Worte waren sowohl hier als auch im mittlerweile gelöschten Blog „Lesegedanken“ recht eindeutig: beide Male sprach sie von der Möglichkeit, dass ihr Geschmack und ihr Intellekt verkümmern könnten, wenn sie zu bestimmten Genres greift. Ich merke, dass das hier einige anders sehen, aber ich will ehrlich sein: ich bin wirklich schockiert! Wo kommen denn bitte solche Befürchtungen her? Ich habe das auch schon in einem nun leider nicht mehr einsehbaren Kommentar geschrieben: mein Intellekt verträgt es locker, wenn ich literarisch mal ein bisschen Spaß habe. Er verträgt Fantasy, er vertägt Thriller und Krimis, er verträgt eigentlich alles und das gerade WEIL ich ihn vielfältig füttere. Ich kann vollkommen verstehen, wenn man bestimmte Genres meidet, weil sie einem schlichtweg nicht liegen, solche Fälle gibt es bei mir natürlich auch, aber ich finde es nach wie vor seltsam, wenn man, wie hier genannt, z. B. Krimis meidet, weil man befürchtet, sein Intellekt oder sein Geschmack könnten darunter leiden. Aber diese Irritation regt sich nicht erst seit dieser Diskussion in mir, auch während des Studiums konnte ich mit diesem elitären Anspruchsdenken wenig anfangen. Wo kommt das her?

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    1. Klappentexterin Autor

      Liebe Ailis,
      die Reaktionen, die dir u.a. mit Krimis widerfahren sind, diese Irritation, von der du sprichst, habe ich persönlich noch nicht erlebt. Daher kann ich dir heute leider keine konkrete Antwort geben. Ich lass das mal sacken und finde die nächsten Tage vielleicht mehr Worte dazu.
      Die Geschmäcker sind verschieden und jeder geht anders an das Lesen heran, empfindet die Geschichten anders. Ich denke hierbei an den Hundertjährigen, der so viele begeistert hat, uns hingegen nicht. Gerade diese verschiedenen Empfindungen finde ich spannend. Wie langweilig wäre es, wenn wir zu allem Ja und Amen sagen würden?
      Wie du schätze ich die Vielfalt des Lesens, schließlich will ich auch nicht täglich das Gleiche essen. ; )

      Viele Grüße
      Klappentexterin

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    2. wortlandschaften

      Mir ging es nicht so sehr darum, jemanden in Schutz zu nehmen (den ich nicht kenne), sondern mich hat die meines Erachtens unangebrachte Empörung etwas gestört. Hier wurde zurückgerudert, erklärt, entschuldigt und dennoch reitest Du genau auf dieser einen Sache herum. Das passt doch mit Deiner Einleitung nicht ganz zusammen, oder? Ich glaube ihr, dass sie das nicht so gemeint hat, wenn sie das schreibt. Um das in Frage zu stellen, müsste ich sie näher kennen.

      Wo bemerkst Du, dass das hier mehrere so sehen? Ich kann hier nicht erkennen, dass elitäres Denken von einer Mehrzahl unterstützt wird, auch nicht von einer Person. Ich habe nicht das Gefühl, dass sich hier jemand über andere stellen wollte und will.

      Nantik nimmt gewöhnlich kein Blatt vor den Mund und manche ihrer Artikel konnte man auch in den falschen Hals bekommen, wenn man das wollte (Stichwort Österreich), gerade wenn man die berühmte Goldwaage herausholt.
      Persönlich ist mir das jetzt ein bisschen zu viel Drama um einen unbedachten (und bereuten) Kommentar.

      Davon abgesehen gebe ich Dir Recht, ich mische auch gerne, schaue auch Fußball (kein Sport, dem vorurteilsfrei begegnet wird, oft werden Rückschlüsse auf die Zuschauer gezogen…so what?).
      Zu Deiner letzten Frage: Im Internet ist der Schein doch manchmal mehr als das Sein. Trotzdem sollte man mit Anschuldigungen vorsichtig sein.

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      1. Ailis

        Ich habe davon gesprochen, dass Mara schrieb, sie fürchte, bestimmte Genres könnten ihrem Verstand oder ihrem Geschmack schaden – das waren lediglich Zitate aus zwei ihrer Kommentare. Nirgends habe ich auch nur angedeutet, dass sie sich über jemand anderen stellen möchte. Ich sprach über Bücher und wie man zu ihnen stehen kann, nicht darüber, wie man zu anderen Lesern steht.
        Und ich bin auch ein bisschen iriitiert, dass man einen einzigen Kommentar als „rumreiten“ und „Drama“ bezeichnet. Es ist mein Standpunkt, es sind ernst gemeinte Fragen, weil ich dieses Denken nicht verstehen kann. Und dabei geht es wohlgemerkt nicht darum, dass man bestimmte Genres meidet, weil sie einem nicht liegen, sondern darum, dass man sie meidet, weil man ihren Einfluss fürchtet. Das sind zwei verschiedene Paar Schuhe und lediglich dort lag mein Nachfragen begründet.
        Ich habe nirgends Anschuldigungen gelesen und selber auch sicher keine geschrieben, ich wollte ein mir fremdes Denken einfach nur verstehen bzw. zum Ausdruck bringen, dass ich es bisher einfach nicht verstehen kann.
        Sollte ich jemandem auf die Füße getreten sein, tut es mir leid, aber über den doch sehr rauen Ton hier bin ich auch ein bisschen erschüttert, weswegen ich mich wohl auch aus dieser Diskussion zurückziehen werde. Ja, ich gebe zu, ich fühle mich missverstanden und weiß noch nicht, wie ich damit umgehen soll, weil ich ganz sicher nicht darauf aus war, jemandem zu nahe zu treten mit meinen Fragen.

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  12. Klappentexterin Autor

    Hallo zusammen,
    heute scheint in Berlin die Sonne, ein herrlicher Tag ist das und deshalb lege ich jetzt ein paar Sonnenstrahlen hier hinein.

    Ich bedauere sehr, dass unglücklich gewählte Worte nicht das gesagt haben, was sie wollten, doch sollte uns dies nicht den Spaß am gemeinsamen Teilen von Literatur rauben.

    In diesem Sinne wünsche ich euch allen frohe Osterfeiertage!

    Herzlichst,

    Klappentexterin

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  13. wortlandschaften

    @ Ailis:
    Ich möchte nun auch nicht zum Haarspalter werden und zur von mir vielzitierten Goldwaage greifen, deshalb nur kurz noch dies: „Ich merke, dass das hier einige anders sehen (…).“ Das bezog sich auf die Sache mit dem Intellekt. Deshalb meine Nachfrage, weil ich anderer Meinung bin.
    „Rumreiten“ und „Drama“ verwendete ich, weil hier noch weitere Kommentare stehen, in denen eine Entschuldigung steht, Worte wie naiv und unbedacht usw. gewählt wurden. Diese Kommentare sind jüngeren Datums und entkräften den von Dir zitierten Kommentar in meinen Augen. Am Ende Deines Kommentares wiederholst Du Deine Irritation nochmals. Diese Irritation hat sich für mich eben längst aufgelöst. Wenn Du dieses Beispiel zum Anlass genommen hast, auf allgemeiner Ebene diese Irritation anzusprechen, dann habe ich Dich falsch verstanden.

    „Nirgends habe ich auch nur angedeutet, dass sie sich über jemand anderen stellen möchte.“

    Das habe ich Dir auch nicht unterstellt. Ich bezog mich auf das „elitäre Anspruchsdenken“, welches beinhaltet, das sich „jemand“ über andere stellt.

    Zum „rauen Ton“: Eine verbale Schärfe kann ich nicht feststellen. Wir sind alles erwachsene Menschen, da kann man doch mal direkt nachfragen, ohne alles in Watte zu packen. Was Dich an diesem Austausch erschüttert, kann ich nicht nachvollziehen. Mit „Drama“ meinte ich eben auch die Wortwahl „schockiert“ und jetzt „erschüttert“.

    Denke Dir mal die Stimme Deines Lieblingssprechers von Hörbüchern, ziehe ein paar Emotionen ab und schau Dir meinen Kommentar noch mal an. Das „Rumreiten“ hätte ich sicher anders umschreiben können, aber erschüttern wollte ich Dich ganz sicher nicht. Und auch sonst will ich Dir nichts Böses.

    Ich denke in der Sache sind wir praktisch alle nahe beieinander, ich habe das eben so empfunden, dass da jemand an den Pranger gestellt wird, wegen etwas, das schon längst durch ist.
    Entschuldigen musst Du Dich nicht, finde ich, und ich denke, dass ich das auch bei keinem muss. Schriftliche Kommunikation ist schon manchmal schwierig ohne die fehlende Betonung. Da helfen auch Smilies nur bedingt, denn auch die kann man schnell missverstehen. Ich hoffe, Du verstehst jetzt, worauf ich hinaus wollte.

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  14. buzzaldrinsblog

    Ich habe mich an mehreren Stellen nun mehrmals für meinen unbedachten und naiven Kommentar entschuldigt. Ich kann nur noch einmal wiederholen, dass ich mich weder über jemanden stellen wollte, noch ein Genre schlecht machen oder Krimilesern auf den Schlips treten wollte. Auch wollte ich kein elitäres Denken propagieren – ich habe lediglich den Fehler begangen, einen unbedachten und naiven Kommentar zu verfassen. Ich bin mir unsicher, was ich noch anderes tun soll, als mich dafür zu entschuldigen. Ich scheine unbeabsichtigt ein sehr sensibles Thema angesprochen zu haben, das berühmte Wespennest. Ich stimme wortlandschaften zu, dass diese Diskussion ein Paradebeispiel dafür ist, wie schriftliche Kommunikation misslingen und falsch verstanden werden kann. Feststeht, dass ich mich sicherlich unglücklich ausgedrückt habe – was jedoch in meinen Augen keine Rechtfertigung für diesen Sturm der Entrüstung ist, der mir entgegen geschlagen ist und der sich auch auf einer persönlichen Ebene bewegte. Damit hatte ich nicht gerechnet.
    Hiermit würde ich mich gerne aus dieser Diskussion zurückziehen, da mich das, was aus meinem Kommentar gemacht wurde, belastet.

    In diesem Sinne wünsche ich dennoch allen schöne Osterfeiertage
    Mara

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