Archiv der Kategorie: Krimi

Es bleibt spannend!

Weiter geht’s durch spannende Seiten dieses Herbstes. So folgt der zweite Teil meines Krimi-Spezials. Den Auftakt findet ihr hier. Heute erwarten euch drei – wie ich finde – äußerst bemerkenswerte Autorinnen. Drei unterschiedliche Bücher und doch eint alle eins: Sie enthalten erstklassigen und absolut packenden Stoff!

Weiterlesen

Kriminell gut!

Krimi ist nicht gleich Krimi. Nachdem ich zuletzt zahlreiche, spannende Sachen gelesen habe, bin ich erst so richtig auf die Vielfältigkeit dieses Genres gestoßen.

Da gibt es den klassischen Thriller, das nicht minder klassische Crime Noir, die Großstadtkrimis, zuletzt viele regionale Krimis, und dann noch die Underdogs, wie auch die bekannten Größen. So konnte ich neue Lieblingsverlage für mich entdecken, den Polar Verlag zum Beispiel. Nun ist es an der Zeit, euch im Rahmen eines Krimi-Spezials dieses aufregende Spannungsfeld mit all seinen Facetten zu präsentieren. Seht es als Hommage an dieses große, großartige Genre.

Ganz besonders freue ich mich, dass ich Thomas Wörtche für ein Interview gewinnen konnte. Der Publizist ist ein ausgewiesener Experte auf diesem literarischen Gebiet und hat bei Suhrkamp seine eigene Krimi-Reihe. Bisher hat mich nie ein Buch aus seiner Edition enttäuscht.
Candice Fox zählt zu einer meiner großen Entdeckungen, die ich Thomas Wörtche zu verdanken habe. Wie schafft er das, stets wirklich gute Krimi-Literatur an Land zu ziehen? Wie geht der Experte an die Auswahl heran? Da die Klappentexterin von Natur aus neugierig ist, ist sie dem nachgegangen. Das Interview gibt es in den kommenden Tagen an dieser Stelle. Nun lasst erst einmal die Bücher sprechen.

Weiterlesen

Die Geister, die sie rief. 

Manche Bücher fesseln mich bereits, obwohl ich sie noch gar nicht aufgeschlagen habe. Einfach, weil das Cover so faszinierend ist und die Phantasie anregt. An dieser Stelle mein Kompliment an den Verlag und all diejenigen, die unsichtbaren Fäden spinnen und wichtige Entscheidungen treffen. Immer steht die Frage im Raum:  Welches Cover nehmen wir? Wird es funktionieren? Natürlich gibt es nie eine Garantie. Aber stets die Hoffnung und der große Wunsch, dass das Buch genauso viele Leser begeistert wie im Verlagshaus.   

Bei »Das Spiegelhaus« von Carole Johnstone war mir sofort klar – dieses Buch wird seine Leser finden. Und wenn solche Großmeister wie Stephen King und Ruth Ware ihre Empfehlung aussprechen, dann kann eigentlich nichts mehr schief gehen. Eine Garantie ist auch das nicht, aber in diesem Fall möchte ich meine Hand ins Feuer legen. 

Weiterlesen

Asche zu Asche.

„Man stelle sich mal vor, man hätte die Superkraft zu wissen, was ein anderer dachte – was für eine furchtbare Aussicht. Und versuchen wir nicht alle trotzdem nachzuempfinden, wie es wäre, jemand anderer zu sein, weil wir uns andernfalls in Soziopathen verwandeln würden?“

Interessante und nachdenklich stimmende Zeilen. Davon gibt es einige in Doug Johnstones Buch „Eingeäschert“. Für mich zählt dieser ungewöhnliche Kriminalroman bereits jetzt zu den Krimi-Highlights in diesem Jahr.

Weiterlesen

Nachtschicht in der Stadt der Träume.

Wenn bei uns zu Hause einmal nicht gelesen wird, dann kommt manchmal sogar der Fernseher samt des guten alten DVD-Players zum Einsatz. Im wahrsten Sinne des Wortes – denn Familie Klappentexterin schätzt gut gemachte Polizei- und Politserien. Zum Beispiel The Wire, Homicide oder auch Homeland sind absolut empfehlenswert und noch vor dem ganzen Streamingwahnsinn entstanden. Serien, die intelligent gemacht sind und zudem etwas vom Alltag der Menschen hinter den einzelnen Fällen erzählen. Weiterlesen

Ein herrlich verrücktes Krimiabenteuer.

Eine kleine Warnung vorab: Wer Angst vor Gespenstern hat, sollte jetzt lieber nicht weiterlesen. Allen anderen möchte ich Heilige und andere Tote von Jess Kidd dringend empfehlen. Vorausgesetzt, ihr mögt Krimis, die durchaus einen mystischen Touch haben. Wie bereits in Kidds Debüt Der Freund der Toten tummeln sich in ihrem neuen Werk allerhand übersinnliche Wesen herum. Das Erstaunliche ist jedoch, dass diese sogenannten Heiligen sich nach einer gewissen Lesezeit völlig normal anfühlen. Vielleicht auch deshalb, weil sie treue Begleiter der sympathischen Heldin sind. Aber keine Sorge: Gänsehautmomente und erhöhter Puls sind bei diesem Krimi trotzdem garantiert. Weiterlesen

Kriminell gut: Ein Roman mit Mörder.

bogmail_roman_mit_moerderFür gewöhnlich lest ihr auf meinem Blog Buchbesprechungen über zeitgenössische Literatur. Manchmal findet sich hier auch ein Kinderbuch oder ein Klassiker. Doch Krimis kommen so gut wie kaum vor. Aber heute mache ich eine Ausnahme. Und das aus zwei Gründen. Zum einen habe ich eine kleine Krimi-Sensation gelesen, die sich hervorragend als Weihnachtsgeschenk eignet. Ja, bald ist es wieder soweit. Zum anderen hat mir das kürzlich im Steidl Verlag erschienene Buch, »Bogmail. Roman mit Mörder«, wieder einmal vor Augen geführt, weshalb ich die Welt der Indiebooks so schätze.

Weiterlesen

Die Stille. Zwischen den Stürmen des Lebens.

jan-costin-wagner-tage-des-letzten-schnees

Stille. Und lange Zeit nichts. Der Lärm schrumpft zu einem kleinen Häufchen zusammen und verlässt fliegend meinen Körper. Dies geschieht während ich die ersten Sätze in Tage des letzten Schnees von Jan Costin Wagner lese. Das Buch umschließt mich wie ein Vakuum. Ich lächle und denke, so ist es mit manchen Büchern, sie kommen genau zur richtigen Zeit, wie kleine Engel setzen sie sich in deine Hände und schenken dir das, wonach du dich sehnst.

Weiterlesen

Keine Bewegung – nur lesen!

in_der_nacht

Ich habe in diesem Jahr mein Herz für Gangster entdeckt. Im Frühjahr hat mich der Bankräuber Willie Sutton in J.R. Moehringers fulminanten Roman Knapp am Herz vorbei auf seine Seite gezogen. Im Juni folgte dann Tony Soprano aus der genialen Mafia-Serie The Sopranos. Und jetzt steht Joe Coughlin vor mir und meine Augen strahlen. Er ist der Protagonist aus dem Krimi In der Nacht von Dennis Lehane. Zum Ende des für mich eher bescheidenen Lesejahres hat mir der Diogenes Verlag noch einen Joker in die Hand gedrückt. Es wäre zu schade, die Begeisterung für mich zu behalten. Also, folgt mir in die düstere, faszinierende Welt des Gangstertums. Weiterlesen

Sensenmann lädt ein.

landsdale

Der Sensenmann ist mir auf den Fersen. Er ist aus „Dunkle Gewässer“ hervorgekrochen. Nun hat er mich am Schopfe gepackt und meinen Kopf um 180 Grad gedreht. Bevor ich schreien konnte, flogen meine Gedanken quer und schräg vor mir nieder. Jetzt sortiere ich sie, grinse mir ins Fäustchen und spüre immer noch am ganzen Körper eine Gänsehaut. Joe R. Lansdale hat einen schrägen, unheimlichen Krimi geschrieben, bei dem die Welt verkehrt herum steht. Das ist verrückt und ein atemberaubendes Abenteuer!

Der erste Satz kneift mich wie eine Wäscheklammer, die man mir auf die Nase gesetzt hat und verrät, dass es sich hier wahrhaftig um ein sehr spezielles Buch handelt: „In jenem Sommer hörte Daddy auf, Fische mit dem Telefon oder mit Dynamit zu fangen, stattdessen vergiftete er sie mit grünen Walnüssen.“ Die Geschichte haucht mir an dieser Stelle ihren Atem ins Gesicht. Leicht würzig, sauer und auf eine besondere Weise süß. Ein seltsamer Mix, bei dem sich unweigerlich ein Kopfschütteln einstellt. Ist diese ganz spezielle Kombination doch recht bizarr und makaber. Zwei Adjektive, die mich im Verlauf des Lesens immer wieder anstupsen wie zwei Katzen, die nicht müde werden, mit mir zu spielen.

„Dunkle Gewässer“ beginnt – wie es sich für einen Krimi gehört – mit einer Leiche. Während die Ich-Erzählerin Sue Ellen mit ihrem Vater, Onkel und ihrem Freund Terry am Sabine River sitzt, beißt plötzlich etwas sehr Schweres an, so dass alle gemeinsam das Seil ziehen müssen, bis sie feststellen: Dies ist kein Fisch, sondern eine Leiche. May Lynn war eine gemeinsame Schulfreundin von Terry und Sue Ellen. Jetzt liegt sie vor ihnen, an eine Nähmaschine gebunden und ist mächtig aufgedunsen vom Wasserbad. Aus Lansdale Feder liest sich das so: „Urplötzlich fing May Lynn an zu zucken und auszulaufen. Sie hatte Blähungen, die wirklich furchtbar stanken, wie ein gewaltiger Furz.“ Erschaudern und Grinsen geben sich gegenseitig die Hand. Diese komische Wechselbeziehung ist eines der herausragenden Elemente, die oft wohlwollend hervorblitzen. So verliert die Geschichte an Schwere und spannt einen hellen Rettungsschirm über die Düsternis, die morastartig aus den Seiten sickert.

Aufgeklärt wird der Mord indes nicht, dafür findet die Beerdigung in Windeseile statt. Aus, vorbei. Doch nicht bei Lansdale. Der amerikanische Autor schickt seine Helden durch eine aufregende Abenteuerjagd. May Lynn wollte zu Lebzeiten unbedingt nach Hollywood. Eben diesen Wunsch holen die Freunde jetzt postum nach. Also wird die Leiche transportfähig gemacht, verbrannt und die Asche in einen Behälter gefüllt. Vor der Reise graben sie noch einen Schatz aus, der wie gerufen kommt. May Lynn hielt die Schatzkarte von ihrem verstorbenen Bruder in ihrem Tagebuch versteckt, das ihre Freunde gefunden haben. Leider bleibt die Tat nicht unentdeckt und so werden Terry, Sue Ellen und Jinx zu den Gejagten. Während sie zusammen mit Sue Ellens Mutter auf einem Floß flüchten, heften sich habgierige Angehörige und der Constable an ihre Fersen. Sie bleiben nicht die einzigen Jäger, haben sie noch schnell den Killer Skunk auf die Gruppe angesetzt. Ein Mann, bei dessen Beschreibung schon allein die Zähne klappern. Daher mag es nicht verwundern, dass sich mit seinem Erscheinen eine äußerst gruselige Stimmung über den Schauplatz erhebt.

So nervenaufreibend und gefährlich die Flucht für Sue Ellen und die anderen wird, so befreiend ist sie für alle. Sue Ellens Mutter erlebt einen Entzug von ihrem „Allheilmittel“. Sue Ellen, die zeitlebens Angst vor ihrem Stiefvater hatte, will ihm entkommen, und beweist mit ihren Taten eine ungeheure Stärke. Terry, gesteht sich endlich seine Homosexualität ein und die schwarze Jinx, von der Gesellschaft wegen ihrer Rasse diskriminiert, findet in der Gruppe eine zweite Familie. Joe R. Lansdale hat ein Händchen für spezielle Charaktere, die genauso mitreißend sind wie das ganze Abenteuer.

„Dunkle Gewässer“ ist genreübergreifend. Crime, dazwischen Horror, Sozialdrama, Mystik und Coming of Age. Diese Vielfalt zeichnet das Gesamtstück aus, wie die einnehmende Atmosphäre und nicht zuletzt auch die wunderbare Sprache des vielfach ausgezeichneten Autors. Lansdale schafft großartige, bildhafte Vergleiche. Sie zerschmelzen wie leckere Schokolade auf der Zunge und ziehen lautes Gekicher gleichermaßen aus mir heraus. Nehmen wir Sue Ellens Beschreibung über Jinxs Aussehen: „Ihr Gesicht war niedlich, aber ihre Augen wirkten alt, wie bei einem Großmütterchen, das in ein Kind hineingestopft worden war.“ Hier stößt man in eine wahre Goldgrube an wunderschönen Bildern.
Bis zum Schluss bleibt es spannend. Der Sensenmann schleudert seine Axt und raubt mir den Frieden. Aber ich bleibe standhaft und hänge mich an die Stärke der Romanhelden. Aufgegeben wird nicht. Durchhalten lautet die Devise. Da kann der Sensenmann noch aufdringlich an meinen Fersen kleben. Ich komme durch, irgendwie.

Joe R. Lansdale.
Dunkle Gewässer.
Aus dem Amerikanischen von Hannes Riffel.
Februar 2013, 320 Seiten, 19,95 €.
Tropen bei Klett-Cotta.