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Der feine Charme der Franzosen.

Keiner beherrscht das Genre der Komödie besser als die Franzosen. Sie unterhalten auf besondere Weise, weil sie melancholisch und komisch zugleich sind. Man kräuselt die Nase, streicht mit dem Finger über die juckende Stelle und bleibt kurz stehen, um nur wenige Minuten später zu lächeln. Ich mag den feinen französischen Charme. Wie schön ist es für eine Leseratte, wenn man so ein Ereignis auch in einem Buch findet. Caroline Vermalle ist das gelungen. Sie hat meinen Fernseher ausgeschaltet und gesagt: „Komm mit, ich erzähle dir eine Geschichte, bei der du all das erleben wirst.“

Als ich „Denn das Glück ist eine Reise“ in den Händen hielt, war ich voller Vorfreude auf das kleine, lilafarbene Buch. Auf dem Cover fährt ein Auto an einem Feld vorbei und sieht dabei einfach liebenswert aus, dass ich sehr neugierig anklopfte. Charles und Georges haben mir die Tür geöffnet und ich bin dazu gestoßen. Die älteren Herren brechen zur Tour de France auf, eine außergewöhnliche Reise. Die beiden sind große Fans dieses sportlichen Ereignisses und wollen die Strecke mit dem Auto abfahren, weil man im hohen Alter eben nicht mehr über die Fitness verfügt, die solch eine Tour mit dem Rad fordert. Während Charles das Okay seiner Frau hat, hadert Georges, als eines Tages seine Enkelin anruft. Er freut sich und spürt neue Lebensgeister in sich, denn Adèle hat sich lange Zeit nicht bei ihm gemeldet. Ungünstig ist nur, dass Georges nun nicht weiß, wie er die geheime Reise unternehmen soll. Seine Tochter ist für zwei Monate weit weg im Urlaub und würde davon nichts mitbekommen, da sie dort kein Telefon hat. Doch eine Lösung ist ganz bald in Sicht: Das Handy. Da kann man nicht nur Anrufe umleiten, sondern auch Kurzmitteilungen schreiben. Die neue Welt rettet die Reise der älteren Herren.

Ehe ich mich also versah, saß ich im Auto und bin die Tour de France mitgefahren. Es war eine bemerkenswerte Reise, bei der ich viel geschmunzelt habe, aber auch nachdenklich war, weil der jugendliche Abenteuergeist manchmal auf das Gewicht des Alters trifft. Beide haben Päckchen zu tragen, an denen man nicht schnell vorbei liest. Viel mehr bewegte sich etwas im Herzen, ich war berührt und blieb stehen. Plötzlich lag dort ein großer Stein, der sich seinen eigenen Weg gesucht und gefunden hatte, doch bevor der alles erdrückte, kehrte eine Leichtigkeit zurück, die mich vor dem Stolpern bewahrte.

Caroline Vermalle schreibt sensibel und mit einer humorvollen Note, die auf ihre Weise berührt. Das Buch liest sich schnell weg, hat aber genug Gewicht, um am Ende eindrucksvoll im Kopf zu bleiben. Dies ist eine Geschichte über Liebe, Glück, Alter, Krankheit und all die anderen Dinge, die nur Franzosen gut dosiert in eine Handlung packen können, ohne dass es zu viel ist. Sollte ich jemals die Strecke abfahren, werde ich an Georges und Charles denken.

Caroline Vermalle.
Denn das Glück ist eine Reise.
April 2011, 224 Seiten, 10,- €.
Bastei Lübbe.