
Ich bin verzaubert, ja, so richtig verzaubert! Nicht etwa vom großen Herrn Copperfield, sondern vom kleinen Alexander. Wie hat er das nur angestellt?
Alexander ist der Held aus dem Kinderbuch „Supermittelmäßig“, das Susie Morgenstern geschrieben hat und von Claude K. Dubois illustriert wurde. Der kleine Junge hat es nicht gerade leicht, denn er ist „weder groß noch klein. Er ist einfach nur mittelmäßig, supermittelmäßig“, das behauptet er von sich und kann sich damit nicht anfreunden. Alexanders Kopf ist stets woanders, nur nicht da wo er sein sollte. So schaut er viel lieber aus dem Fenster, als dem Unterricht zu folgen. Nie hat er eine Antwort parat, wenn ihn die Lehrerin fragt. Immer kriecht ein „Weiß ich nicht“ aus seinem Mund, weil er nicht aufpasst. Beim Sport geht es ihm nicht besser, ständig verwechselt Alexander den rechten mit dem linken Fuß. Eigentlich ist Alexander gar nicht schlecht beim Sport, aber ich habe eins vergessen, zu erwähnen: „Er ist einfach nur mittelmäßig, supermittelmäßig.“ Nein, nicht ich wiederhole mich, sondern Alexander. Er beharrt auf sein „supermittelmäßig“, trägt es wie ein Schild mit sich herum und gibt dieses Wort einfach nicht her. Trotzdem – oder gerade deshalb – hat Alexander nur einen großen Wunsch: „Wie gern wäre er ab und an ein bisschen besser als der Durchschnitt.“
Ihr ahnt es sicherlich, ja, mein Mitgefühl wächst mit jeder Seite: Ich möchte Alexander in die Arme nehmen und ihm dieses Wort entreißen. Doch das brauche ich gar nicht, weiß er es doch eines Tages selbst: „Er beschließt, sich mehr anzustrengen! Er will versuchen, die Grenze der Mittelmäßigkeit zu überschreiten – und sei es nur ein winziges bisschen.“ Ein Gedanke hat ihn dazu gebracht, nämlich der, dass er nur ein Leben hat. Ganz schön weise der Kleine. Wie er das anstellt, ist so hinreißend, dass ich mit jeder Seite diesen Jungen noch mehr in mein Herz schließe und am Ende verzaubert bin. Gut, man muss an dieser Stelle auch seinem Patenonkel danken, der ihm eines Tages etwas nach Hause liefert, was sein Leben verändert und zeigt, was für ein Wunderknabe in Alexander steckt. Und auch Alexanders Lehrerin leistet einen großen Beitrag, indem sie ihren Schülern interessante Aufsatzthemen aufgibt, die zum Nachdenken anregen.
Susie Morgenstern und Claude K. Dubois haben ein großartiges Kinderbuch kreiert, das den großen Tiger weckt, den Mut anschubst und einfach sehr glücklich macht. Die Sätze und Illustrationen gehen Hand in Hand und wickeln mich um den kleinen Finger. Die Zeichnungen sind zart und ein wenig verwaschen, sie haben etwas Verträumtes und zeigen mit so viel Charme unseren kleinen Helden in verschiedenen Situationen. Ich weiß nicht, wie oft ich gelächelt habe, aber es waren viele entzückende Momente. Alexander über die Schulter zu schauen, erinnerte mich an das Auspacken von Geschenken. Eine kleine Überraschung reiht sich an die nächste und in alldem steckt ein Topf mit Weisheit, aus dem ich geschöpft habe.
Susie Morgenstern schreibt, wie es Kindern gefällt, ein bisschen frech, gerade heraus und auf eine Weise liebenswert. Hier und da streut sie philosophische Gedanken ein, die zum Nachdenken anregen und einen gewissen Aha-Moment schenken. „Supermittelmäßig“ verscheucht Schlechtwettertage und zeigt, dass in jedem von uns etwas Großes steckt, wenn man nur… Nein, das werde ich natürlich nicht verraten, das ist deine Aufgabe, lieber Alexander!
Susie Morgenstern, Claude K. Dubois.
Supermittelmäßig.
Februar 2012, 64 Seiten, 10,- €.
Altersempfehlung: 8 bis 10 Jahre.
Boje Verlag.