Truman Capote ist einer meiner großen literarischen Helden und hat mein Stilbewusstsein im doppelten Sinne wachgeküsst. Als ich »Frühstück bei Tiffany« mit der bezaubernden Audrey Hepburn sah, war’s das erste Mal um mich geschehen. Mit zarten vierzehn Jahren wusste ich noch nicht, dass es sich um eine Literaturverfilmung handelt. Und ich den Autor Truman Capote erst einige Jahre später entdecken würde. Ich saß einfach nur mit glänzenden Augen vorm Fernseher und war beschwipst von all dem Schönen und dem Stil, besonders von der bezaubernden Audrey. Kurz spürte ich ein Ziehen in meiner Herzgegend und hatte zum ersten Mal das Gefühl, in einer falschen Zeit geboren zu sein. Ich wollte in den Film hineinkriechen und die gleiche Kleidung wie Holly Golightly tragen. Die unglaublich schöne schlichte Eleganz! Und die frechen, charmanten Dialoge. Gleichzeitig war da die leichte Melancholie, die wie ein Lufthauch katzengleich um die Ecke schleicht. Das Zusammenspiel war unglaublich faszinierend, und die kleine Klappentexterin glücklich. Kein Wunder, dass ich den Film bis heute unzählige Male gesehen habe. Weiterlesen
Archiv der Kategorie: Literaturgedanken
Literatur als Herausforderung.
Ich habe ein Déjà vu. Das ist als passionierte Leserin eigentlich nichts Neues. Trotzdem scheue ich mich davor, Bücher zu vergleichen oder sie gar in einen Topf zu werfen. Aber ich werde es in diesem Fall wohl tun. Weiterlesen
Ein Abschied. Ein Geburtstag. Ein Prozess.
Herr K. ist Autor und lebt in einer großen Stadt. Gelegentlich schreibt er für den Literaturblog seiner Frau. Eines Morgens klingelt es an der Tür. Zwei Herren in langen, grauen Mänteln bitten ihn, mitzukommen. Jemand muss ihn verleumdet haben. Gelächter im Hausflur. Man führt ihn ab, steckt ihn in eine schwarze Limousine der Marke Wolga und bringt ihn in ein unbekanntes Gebäude. »Was wollen Sie von mir?« fragt Herr K. »Wir sind nicht befugt, Ihnen das zu sagen.« K. ist verzweifelt und möchte seine Frau anrufen. Oder einen Anwalt. Alles unmöglich. »Sie führen sich auf wie ein kindischer Autor.« Man schleppt ihn in den Keller. Eine Zelle, finster. K. fällt in einen fiebrigen Schlaf. Als er wieder aufwacht, fühlt er sich schwer und ziemlich rechteckig, zerfallen in viele Seiten. Er versucht sich aufzurichten, in einen kleinen, nahezu blinden Spiegel zu schauen. »Was ist mit mir geschehen?« Kein Traum, nun erkennt er im Spiegel, dass er zu einem Buch geworden ist.
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Mögen wir die Morgenröte noch sehen.

© X Verleih Stefan Zweig (Josef Hader): Vor der Morgenröte
Kriegsgeschrei, Kriegstreiben und Kriegführen, nur unterbrochen von kurzen, trügerischen Momenten des Atmens im abziehenden Rauch. Zwischendrin steht Stefan Zweig und weiß nicht, wie ihm geschieht. Der Kopf leicht geneigt, der Blick melancholisch. Der bescheidene, besonnene Mann wird überrollt von den Ereignissen einer Welt, deren gewalttätiges Treiben er nicht mehr versteht. Nicht, nachdem er die Welt selbst erklärt, ihre Sternstunden moderiert hat. Die leuchtenden wie die finsteren. Aus der Lust an der Unsterblichkeit wurde die Welt entdeckt, neue Horizonte taten sich auf für die Menschheit. Kleine, eigentliche unbedeutende Zwischenfälle entscheiden über den Untergang eines Reiches, der Wankelmut eines Untergebenen wird zum sprichwörtlichen Waterloo eines Herrschers. Eine einzige Nacht macht aus einem mittelmäßigen Dichter den Schöpfer eines weltbekannten Liedes. Große Künstler werden im Angesicht von Krankheit und Tod zu Sterblichen, ihre Kunst jedoch bleibt unsterblich. Welthistorische Stunden werden wieder lebendig. Der große Denker und Dialektiker Cicero will der Brutalität der Politik entfliehen, nur, es gelingt ihm nicht. Der geistige Mensch wird Opfer seiner eigenen Bestrebungen, das Volk zu befreien. Er vergisst die Mächtigen, denen nur ihre Macht wichtig ist. Man trennt ihm den Kopf ab und stellt diesen grausam zur Schau. Ciceros Gedanken überleben das unwürdige Schauspiel um tausende von Jahren, und die Werke von Stefan Zweig strahlen heute ebenso wie vor achtzig Jahren.
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Reiches Land. Reiche Tage.
Die Dame vor uns am Schalter der Bank möchte 5.000,- € in Schweizer Franken wechseln. Ungläubig schauen wir auf unsere wenigen Scheine, die zusammen nur achtzig Euro ergeben. Willkommen in der Schweiz! Wobei der Flughafen Zürich für uns nur Durchgangsstation auf dem Weg nach Solothurn ist. Solothurn? Natürlich hat man den Namen schon einmal gehört, wäre jetzt aber nicht zwingend darauf gekommen, dorthin zu reisen. Dabei findet in der Stadt das wichtigste Literaturfestival der Schweiz statt, und dies bereits zum 39. Mal. Große Namen fanden den Weg an den Jurasüdfuss, darunter Günter Grass, Herta Müller und Claude Simon. Allesamt Nobelpreisträger. So können wir von einer veritablen Bildungslücke bei Familie Klappentexterin sprechen. Gut, füllen wir sie auf: Willkommen zu den Solothurner Literaturtagen!
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Leben und leben lassen – über den Lärm und die Ruhe in der Literatur.
Während sich die Literaturwelt derzeit um bestimmte Bücher dreht, wie ein Wanderderwisch um sich selbst, sitze ich hier und denke: Es kann so einfach und schön sein! Kein Lärm, keine Fragen, keine Aufregung. Still und friedlich wie eine duftende Sommerwiese, auf deren Grashalmen noch zarte Tropfen des nächtlichen Regens hängen. Alex Capus hat mir das einfache, schöne Leben mit seinem neuen Roman »Das Leben ist gut« vor Augen geführt. So funktioniert das Lesen also auch: vollkommen unkompliziert. Ich hatte es fast vergessen. Lesen voller Leichtigkeit und mit dem tiefen Seufzer wohligen Glücks.