Summertime. And the Readin´ is easy.

Endlich ist der Sommer da! Für viele die Zeit des Urlaubes, des Innehaltens und der Möglichkeit, endlich in Ruhe das eine oder andere Buch zu lesen. So stelle ich euch eine kleine, aber feine Auswahl an schönen Büchern vor, in denen der Sommer eine bedeutende Rolle spielt. Nicht alle vorgestellten Titel sind aus unabhängigen Verlagen, trotzdem möchte ich als Patin der alljährlichen indiebookchallenge auf die Aktion hinweisen. Im Juli heißt es: Lest ein Buch, das nach Sommer schmeckt. Also zeigt uns auf Instagram, Facebook oder auf euren Blogs diesen Monat eure sommerliche Lieblingslektüre. Ganz nach dem Motto: Endlich Sommer, endlich Zeit zum Lesen! 

Sebastian Barry – Annie Dunne  

Sebastian Barry zu lesen, ist immer wieder eine Freude. Bekannt wurde der Autor seinerzeit durch das Literarische Quartett – ihr erinnert euch sicher noch an die Lobeshymnen zu Tag ohne Ende. In seinem aktuellen Werk treffe ich auf die eigenwillige Annie Dunne, die mit ihrer Cousine Sarah im irischen Wicklow auf einem Bauernhof lebt. Ein bescheidenes Dasein zwischen Hühnern, einem störrischen Pony und dem Hofhund. Als Annies vierjähriger Neffe und die sechsjährige Nichte sie über den Sommer besuchen, kommt endlich frisches Leben in den Trott der beiden Damen: „Ach, die Gesellschaft dieser Kinder ist ein Segen. Sie ist unsere Chance. Nicht, dass wir das nicht wüssten. Wir glänzen vor Freude, wie mit Zucker aufgeschlagener Eischnee.“ Jeder für sich sammelt in diesem Sommer so seine eigenen Erfahrungen. Aber die Harmonie ist brüchig, nicht immer herrscht eitel Sonnenschein. 

Annie wittert eine diffuse Gefahr, ein Schatten legt sich auf diesen Sommer. Sie spürt, dass ihre Kräfte nachlassen, aber trotzdem wecken die Ereignisse ihre Kämpfernatur… 

Man muss das Buch in den Händen halten, um seinem Zauber vollkommen zu erliegen. Erneut beweist der unabhängige Steidl Verlag seine Kunst bei der Herstellung von Büchern – kein eBook dieser Welt wird diese bibliophile Haptik je ersetzen können. Übrigens wieder genial übersetzt von Claudia Glenewinkel und dem vielfach ausgezeichneten Hans-Christian Oeser. Obendrein macht dieses leise und poetische Buch noch mit hinreißenden Sprachbildern und lebensklugen Sätzen glücklich. Vor lauter Lesefreude seufze ich wohlig. Oh, du wunderbarer Sommer! 

Sebastian Barry: Annie Dunne. Aus dem Englischen übersetzt von Claudia Glenewinkel und Hans-Christian Oeser. Steidl, März 2021, 280 Seiten, 24,- €.

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Margarita Liberaki – Drei Sommer  

Das Cover von „Drei Sommer“ verführt schon mal zum Lesen. Der Roman von Margarita Liberaki ist bereits 1946 in Griechenland erschienen und wurde ein großer Erfolg. Nun liegt das Buch erstmals auf Deutsch vor. Und es ist ein wahrer Glücksfall! Ein wenig erinnert mich die Geschichte an Elena Ferrante, denn auch hier steht das  jugendliche Erwachen der Liebe und das Flair des Südens im Mittelpunkt. Die Schwestern Maria, Katerina und Infanta sind drei sehr unterschiedliche Charaktere und wachsen in einem herrschaftlichen Landhaus nahe Athen auf.  Es gibt eine Haushälterin, und der Vater wohnt nicht mehr zu Hause, sondern in der Stadt, da sich die Eltern getrennt haben. Trotzdem ist das Leben friedvoll und von einer sommerlichen Leichtigkeit durchzogen – bis die Mädchen anfangen, sich für Jungs zu interessieren. Dabei haben sie völlig unterschiedliche Vorstellungen: Während Maria sofort an Hochzeit denkt, möchte Katerina ihre Freiheit niemals aufgeben, ist hin- und hergerissen.
Feinsinnig und klug erzählt Liberaki aus dem Leben junger Frauen. Eine flirrend-sommerliche Atmosphäre steigt aus den Seiten empor und umschmeichelt betörend den Geist. Eine echte Entdeckung ist dieser  Roman, der wie ein sommerlicher Cocktail perlt. 

Margarita Liberaki: Drei Sommer. Aus dem Griechischen übersetzt von Michaela Prinzinger. Arche, März 2021, 351 Seiten, 24,- €.

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Melissa Harrison Vom Ende eines Sommers 

»Vom Ende eines Sommers« zählt für mich zu den schönsten Büchern des Sommers. Die vierzehnjährige Edie ist die Stimme dieses mitreißend erzählten Romans. Das Mädchen lebt mit ihrer Familie auf dem Land, im englischen Suffolk, und widmet sich am allerliebsten ihren Büchern, statt ihre Zeit mit Gleichaltrigen zu verbringen. Aber Edie ist von ihrer Familie fest eingespannt zum Arbeiten auf Land und Hof. Wir schreiben das Jahr 1934, die Auswirkungen des Ersten Weltkrieges sind immer noch spürbar, Entbehrungen und finanzielle Engpässe prägen den Alltag. Vor Edie liegt ein Sommer, der vieles verändern wird. Denn die angereiste Journalistin Constanze FitzAllen bringt das beschauliche Leben gehörig durcheinander. Einerseits durch ihre moderne, unkonventionelle Art. Andererseits fragt sie die Menschen aus, um über das Leben auf dem Land zu berichten, was nicht überall auf Zuspruch stößt. Zumal die Journalistin auch noch eine andere, dunkle Seite hat…   

»Vom Ende eines Sommers« ist ungemein lesenswert, weil es durch eine besondere Stimmung getragen wird, und das Landleben mit jedem Satz spürbar ist, ja, fast habe ich das Gefühl, als würde das Korn zwischen den Seiten in meine Hände rieseln. Die Autorin zeigt dabei nicht nur ein romantisches Bild vom Landleben, sie verdeutlicht eindrucksvoll, wie hart dieses Dasein ist. Getreide ist sehr anfällig für Schädlinge. Neben der Landwirtschaft spielen zwischenmenschlichen Beziehungen eine große Rolle, und Melissa Harrison gelingt es eindrucksvoll, die Beeinflussung von Menschen durch andere darzustellen.
»Vom Ende eines Sommers« ist eine vielseitige, unglaublich stimmungsvolle und sprachschöne Lektüre. Nennen wir es einfach eine perfekte Sommergeschichte. Und der Sommer, der ist ja noch längst nicht zu Ende.   

Melissa Harrison: Vom Ende eines Sommers. Aus dem Englischen übersetzt von Werner Löcher-Lawrence. Dumont Buchverlag, Juni 2021, 318 Seiten, 22,- €.

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Rumer Godden Unser Sommer im Mirabellengarten

Rumer Godden erzählt in ihrem Roman von fünf englischen Geschwistern, die in einem alten Hotel der malerischen französischen Champagne die Sommerferien verbringen. Als die Mutter kurz nach der Ankunft ins Krankenhaus muss, kümmert sich der charismatische Hotelgast Eliot um die Kinder. Das gefällt der Besitzerin des Hotels überhaupt nicht, schließlich will sie ihren Eliot mit niemandem teilen. Als die 16jährige Joss in voller Pracht erblüht, gerät einiges in der Geschwisterwelt in Aufruhr, und auf die heile Welt des französischen Sommers legt sich ein Schatten. Rumer Godden hat einen atmosphärischen Roman mit liebenswerten Figuren geschrieben. Einerseits ist die Leichtigkeit des Sommers förmlich zu spüren, andererseits brodelt es unter den Mirabellenbäumen. Und am Ende entwickelt sich der Roman sogar zu einem raffinierten Krimi.   

Rumer Godden: Unser Sommer im Mirabellengarten. Aus dem Englischen übersetzt von Elisabeth Pohr. Octopus, März 2021, 320 Seiten, 22,- €.

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2 Gedanken zu „Summertime. And the Readin´ is easy.

  1. Elke Schneefuß

    Das passt ja fabelhaft, „Annie Dunne“ habe ich mir gerade zugelegt! Die Vorfreude steigt…Herzlichen Dank für die sommerlichen Rezensionen!

    Gefällt 1 Person

    Antwort

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