Schenken verbindet.

Schwierige Zeiten gerade. Denke mir, da sind wir uns alle einig. Aber was ist schon leicht zwischen Himmel und Hölle? Es hilft allerdings, seine Seele nicht in die Fänge derjenigen zu geben, die Schwieriges gern mit leichten Rezepten angehen wollen. Verlorene Seelen finden selten ihren Frieden. Behalten wir also die Nerven und tun uns gegenseitig Gutes. Bücher schenken zum Beispiel. Das verbindet selbst Menschen, die sich gerade nicht treffen können oder dürfen. Heute nun unsere ersten Empfehlungen:

John Fante – Westlich von Rom

Fante ist immer noch der Unbekannteste unter den großen bekannten Schriftstellern der amerikanischen Nachkriegsgeschichte. Da hilft es natürlich, von Charles Bukowski als Gott bezeichnet zu werden. Buk hat völlig recht, wenn er über Fantes Stil sagt: „Mit überwältigender Schlichtheit vermischen sich hier Humor und Schmerz.“ Westlich von Rom ist hervorragend geeignet, dies eindrücklich unter Beweis zu stellen. Eine höchst vergnügliche Geschichte über eine schräge West-Coast-Familie im Kaliforniern der 70er Jahre, die nach dem plötzlichen Auftauchen eines riesigen, zotteligen und obendrein schwulen Hundes gehörig durcheinander gewirbelt wird. Dazu Tagträume von Rom, ein paar Drogen und die Tücken des Schriftstellerdaseins. „Erschöpft sah ich ihn an, zu erschöpft, um zu verstehen. Plötzlich sehnte ich mich nach einem Loch irgendwo, ein schönes tiefes Loch irgendwo hinter der Weide … wäre mir gerade recht gewesen, mit einer Decke aus Erde, die ich über mich ziehen konnte, ein Loch, in dem ich mich mit meinem furchtbaren Schmerz … verstecken konnte.“ Meine Romanempfehlung!

John Fante: Westlich von Rom. Aus dem Amerikanischen von Doris Engelke. Maro Verlag, 216 Seiten, 18,- €.

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Stephen Cooper – Full of Life (Die John-Fante-Biographie)

Genau wie bei Bukowski, lassen sich auch bei Fante Leben und Werk nicht immer in voller Trennschärfe auseinanderhalten. Macht nichts, denn nicht jeder kann ein Karl May sein. Mit Full of Life liegt nun endlich auch eine erinnerungssatte Biografie über John Fante vor, die uns das bewegte Leben dieses italo-amerikanischen Ausnahmeautors näherbringt. Mehr noch: Diese Biographie erzählt auch ein gutes Stück vom amerikanischen Traum, dessen Scheitern und warum nicht selten Hollywood etwas damit zu tun hat. Da tauchen dann plötzlich sogar Orson Wells und Francis Ford Coppola auf.

Mehr Amerika geht nicht, liebe Freunde und Anhänger des Schlüssellochguckens auf die Mühen und Anstrengungen selbst außergewöhnlich talentierter Schreiber. Macht euch also nichts vor, oder wie Buk sagen würde: „Don´t try.“ Versucht´s einfach mit dieser sehr gut geschriebenen Biografie.

Stephen Cooper – Full of Life (Die John-Fante-Biographie). Aus dem Amerikanischen von Esther Ghionda-Breger und Günter Ohnemus. Maro Verlag, 432 Seiten, 29,- €

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The Goldfinger Files

Der beste Bond-Darsteller? Natürlich Sean Connery. Der beste Bond-Film? Selbstverständlich Goldfinger. Und die beste Szene in diesem Film? Ohne Zweifel die verrückte Verfolgungsjagd durch die Schweizer Alpen. Geradezu ikonisch wird diese Szene im Bond-Universum genannt.

Obendrein markiert sie so etwas wie den Beginn der Bondmania, denn zum ersten Mal wurden 1964 Journalisten auf den Filmset eingeladen, um dann darüber zu berichten. Niemand nahm damals das hässliche Wort Marketing dafür in den Mund. Denn das Hässliche war in den stilbildenden und stilvollen 60ern noch nicht angesagt, ebensowenig das Prollige und Bling-Bling-hafte. So sehen wir in diesen Szenen ziemlich viele gut angezogene Menschen, die in schönen Autos in noch intakter Landschaft recht lässig einen Film drehen. Und  nur der Steidl Verlag ist verrückt genug, daraus gleich ein ganzes Buch zumachen. Natürlich mit Goldschnitt. Nie glitzerte ein Buch mehr unter dem Weihnachtsbaum.

Steffen Appel/Peter Wealthy – The Goldfinger Files, Steidl Verlag, 192 Seiten, 38,- €

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Karl Lagerfeld – Fotografie

Apropos Ikonen – Karl Lagerfeld war zweifellos eine. Eine, die weltweit dafür gefeiert wurde, einfach Karl Lagerfeld zu sein. Ein Deutscher! Verblüffend und sicher nicht wiederholbar. Auch er ein Meister des Stils, der wie kaum ein anderer Mensch zu perfekten Inszenierungen seiner eigenen Phantasien und Vorstellungen von Schönheit fähig war. Schöne Frauen, schöne Männer, schöne Mode.

Ob Show oder Fotografie – Lagerfeld war ein Perfektionist, dessen Perfektion jedoch nie ätherisch oder seelenlos wirkte. Irgendwie war da immer noch dieses Verspielte, gemixt mit einem Schuss Ironie. Auch sich selbst gegenüber. Unvergessen zudem seine selbst nach Jahrzehnten in Paris noch eindeutig hamburgisch eingefärbte Kodder- und Lästerschnute. Einige seiner besten Werke waren im Rahmen einer Ausstellung im Kunstmuseum Moritzburg zu sehen. Und jetzt auch digital. Oder ganz analog in diesem prächtigen Bildband, der posthum im Steidl Verlag erschienen ist, dem KL ja in besonderem Maße verbunden war. Mehr Stil zwischen zwei Buchdeckeln geht nicht.

Karl Lagerfeld – Fotografie, Steidl Verlag, 224 Seiten, 28 €.

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edition momente – Der Klima Kalender 2021

Neues Jahr, neue Kalender. Aber welche nehmen aus dem reichhaltigen Angebot? Gut, Hunde, Katzen und Pferde lassen wir mal außen vor. Bereichernd sind ja doch immer die Kalender, die nicht nur zeigen, welchen Tag man gerade erlebt, sondern auch noch mit einer kleinen Geschichte erfreuen oder Wissenswertes vermitteln. Zu letzteren zählt zweifellos der Klima Kalender 2021, der den Untertitel trägt Unser blauer Planet – Schönheit und Gefahren. Und er ist sozusagen der erste seiner Art. Zeit wird es, denn die läuft uns bekanntlich davon, wenn´s um den menschengemachten Klimawandel geht. Jeder ist betroffen und jeder kann etwas ändern, schon heute, ansonsten spätestens ab 1. Januar 2021, wenn uns der Kalender daran erinnert, wie sorglos wir alle immer noch mit den Ressourcen umgehen. Da hilft auch kein Fingerzeigen auf den bösen SUV-Fahrer, denn er weiß nicht, was er tut. Fangt bei euch an und versucht andere mit Vormachen und auch Argumenten zu überzeugen. Und davon liefert dieser informative Kalender einige.

edition momente – Der Musik Kalender 2021

So, nach ein wenig Weltretten kann Zerstreuung nicht schaden. Der Musik Kalender 2021 präsentiert Musiker und ihre Sehnsuchtsorte. Sehnsucht ist immer gut und – frei nach Sartre – eh der ständige Begleiter sensibler Naturen. Begleitet Rolf Liebermann nach Paris, Mariss Jansons nach Wien oder Felix Mendelssohn Bartholdy ins ewige Sehnsuchtsland Italien.

Und wusstet ihr, dass Igor Strawinsky sein berühmtes Werk Le Sacre du Printemps in Hollywood komponiert hat? Auch ein Emigrationsort kann zur Sehnsuchtsstätte werden und einige hollywoodtypische Überraschungen bereithalten. Schöne Geschichten erzählt dieser feine Kalender, und das zweiundfünfzigmal – jede Woche eine. Damit noch Zeit fürs Musikhören bleibt.

Wenn ihr nur einen Kalender braucht, dann verschenkt einfach den anderen. Lohnenswert sind beide.

Der Musik Kalender 2021, edition momente, 60 Seiten, 22,- €
Der Klima Kalender 2021, edition momente, 60 Seiten, 22,- €

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Ein Gedanke zu „Schenken verbindet.

  1. Stefan Heidsiek

    Eine wirklich gelungene Auswahl! John Fante ist grandios und „The Goldfinger Files“ ist gleich mal auf den Wunschzettel gewandert. Danke für den Tipp! Scheint wohl aber derzeit (sicher bedingt durch Connerys Tod) vergriffen zu sein.

    Beste Grüße aus der Crimealley & noch einen schönen 2. Adventsabend
    Stefan

    Gefällt 1 Person

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