Das Mädchen, der Tod und das Glück.

holly_goldberg_sloan_glueck_ist_eine_gleichung_mit_7

Niemand spricht gern über den Tod, weil sich nahezu jeder Mensch davor fürchtet. Besonders natürlich in jungen Jahren, wo das Lebensende noch Lichtjahre entfernt scheint. Dabei gehört er naturgemäß genauso zum Leben wie die Geburt. Alles ist ein Anfang und ein Ende. Doch sagt dies mal einem zwölfjährigen Mädchen, das kürzlich seine Adoptiveltern verloren hat. Diese schreckliche Erfahrung muss Willow machen, die Heldin in Holly Goldberg Sloans Jugendbuch »Glück ist eine Gleichung mit 7«. Glück und Tod – wie passt denn das zusammen? Nun, Holly Goldberg Sloan beweist es auf berührende Weise.

Geradezu bezaubernd ist dieses Buch, vor allem durch die bemerkenswerte Willow. Ein sehr intelligentes und pfiffiges Mädchen, das die Zahl 7 liebt, weil ihre Eltern sie »am 7ten Tag des 7ten Monats« in einem Krankenhaus abgeholt haben. Nicht nur die Zahl 7 zählt zu ihren Lieblingen. Auch die Pflanzenwelt und vielerlei andere Dinge werden von ihrem Wissensdurst aufgesogen. Aus Willows Mund klingt das so: »Mich interessiert nämlich nahezu alles. Der Wasserbogen eines Rasensprengers kann mich anregen. Ich kann eine schockierend lange Zeit in ein Mikroskop gucken.« Schon landen wir bei Willows Garten, in dem sie mit ihrem Khaki-Shirt und einem roten Panamahut Samen aussät und ihre Pflanzen mit Hingabe pflegt. Still bei sich wie ein Tautropfen und ganz schweigsam in ihrem Glück.

Sie lebe zu sehr im Kopf, heißt es, deshalb hat Willow kaum Freunde. Doch das ändert sich, nachdem man sie zur Sozialberaterung schickt. Den ersten Test an der neuen Schule hat sie bereits nach nur 17 Minuten und 47 Sekunden fertig und dabei sogar die volle Punktzahl erreicht. Für die Lehrerin steht sofort fest – Willow hat geschummelt. Hat sie natürlich nicht. Und sagt es der Direktorin, zu der sie bestellt worden ist. An deren Ellenbogen diagnostiziert Willow gleich einen Psoriasis-Befall Stufe fünf, behält das aber für sich. Krankheiten der Menschen zu erkennen ist übrigens noch ein Interessengebiet des wundersamen Mädchens.

Die Direktorin teilt ihr dann mit, dass ihr zukünftig ein Sozialberater zur Seite gestellt wird, Dell Duke heißt er. Der wollte eigentlich Arzt werden, weil er die Fernsehserien mochte, in denen Ärzte immer die Helden waren. Obendrein schmückt so ein „Dr.“ doch jeden Namen. Doch Dell Duke hatte eine Schwäche: Er konnte sich keine Fakten merken und hatte große Probleme mit dem Fach Biologie auf dem College. Also wechselte er zur Psychologie und wurde schließlich Sozialarbeiter. Nun sitzt ihm die fuchsschlaue Willow gegenüber und bringt seine gelernte Kategorisierung komplett durcheinander. Bisher unterteilte er die Schüler in Außenseiter, Chaoten, Einsame Wölfe und Irre. Aber so jemanden wie Willow kam ihm bis dato nicht unter. Fix fügt er eine weitere Kategorie hinzu: Genie.

Bei Dell Duke trifft Willow eines Tages auf Mai und ihren Bruder Quang-ha, die warme Sonnenstrahlen in ihr Leben bringen. Doch schon lauern fette Regenwolken, weil Willows Eltern bei einem Autounfall ums Leben kommen. Als wäre der Schmerz nicht schon groß genug, stellt sich die Frage, wo Willow zukünftig wohnen soll.

Und weiter? Keine Sorge, Rettung naht in Form eines ausgeklügelten und pfiffigen Plans. Dieses Mal allerdings nicht vom Genie selbst, sondern von Menschen, die das Mädchen ins Herz geschlossen haben.

Ein menschlicher Verlust tut höllisch weh, doch das Leben geht weiter. Muss es, irgendwie. Und Willow ist eine kleine Kämpfernatur, die obendrein Menschen zusammenbringt und deren Leben verändert. Neben der Romanheldin liegt ein weiterer Zauber dieses Buches darin, finstere Zeiten genauso zu zeigen wie magische, zum Seufzen schöne und witzige Momente sowie liebenswert verrückte Charaktere. Dazu wird die Geschichte in einer herzerfrischenden Sprache erzählt.

Willow ist ein bemerkenswertes Mädchen, das ich sofort liebgewonnen habe. Sie ist nicht nur clever, sondern hat schöne Sätze im Ärmel, die sie peu à peu wie Sonnenblumenkerne ausschüttet: »Wir sind alle bunt gemixte Eintöpfe. Jeder Mensch besteht aus jeder Menge Zutaten, die ihn zu etwas machen, was einzigartig ist.«

Dies ist ein entzückendes Jugendbuch für Leser wie mich. Leser, die sich gern verzaubern lassen und realitätsferne Dinge einfach hinnehmen. Letztlich möchte die Geschichte nur eins: Den Leser glücklich machen. Und das gelingt der Autorin. Nicht nur das:  Sie erzählt einerseits vom Tod und schenkt andererseits eine große Portion Hoffnung. Das Leben kann grausam sein, aber es bleibt immer lebenswert. Zum Glück gibt es solche Bücher!

Holly Goldberg Sloan: Glück ist eine Gleichung mit 7. Aus dem Englischen von Wieland Freund. Carl Hanser Verlag, Juli 2015, 302 Seiten, 16,90 €. Jetzt direkt und portofrei bei Hugendubel.de bestellen. Oder das eBook für 12,99 € downloaden.

4 Gedanken zu „Das Mädchen, der Tod und das Glück.

  1. miraalexander

    Hallo liebe Klappentexterin,
    Du bist so gemein, es geht gar nicht mehr: Dritte Rezension, drittes Buch auf meiner SuB-Liste.
    Es reicht. Ich höre auf. Ich lese keine Rezensionen mehr.

    Vielen Dank für Deine Rezensionen.

    Mira Alexander

    P.S.: Ok, vielleicht lese ich noch eine. Aber nur eine.
    P.P.S.: Irgendwie erinnert mich Willow an Matilda (gleichnamiger Film)
    P.P.P.S.: Konnte mich doch nicht beherrschen und habe die Beiträge per E-Mail abonniert.

    Gefällt 1 Person

    Antwort
    1. Klappentexterin Autor

      Hach, welch‘ schöne Nachricht! Wie heißen denn die anderen beiden? Dieses hier ist so fabelhaft – in der Tat. Erst kürzlich hab ich mich mit einer anderen Leserin über das Buch unterhalten.

      Herzlichen Dank für den Kommentar und das Schmunzeln zur nächtlichen Stunde!

      Viele Grüße

      Klappentexterin

      Like

      Antwort
      1. miraalexander

        Two Boys Kissing und Ein Jahr auf dem Land. Danach musste ich aufhören, um meine SuB-Liste nicht noch heute explodieren zu lassen. Aber da ich Deinen Blog nun abonniert habe, bin ich zuversichtlich, dieses Stadium innerhalb kürzester Zeit zu erreichen.

        Schöne Träume, die wahrscheinlich von lautern schönen Büchern bevölkert werden.

        Mira

        Gefällt 1 Person

  2. Pingback: Willow Chance war kein Roboter: Der Versuch einer Rezension | Mira Alexander

Hinterlasse einen Kommentar