Sommer, Sonne, Bücher: Kleine Verlage am Großen Wannsee

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Es war heiß. Verdammt heiß. Das erfrischende Lüftchen, das ich mir vom Wannsee erhofft hatte, verfing sich in den Bäumen und blieb dort wie ein Faultier hängen. Trotzdem war ich glücklich. Besuchte ich doch eine der schönsten Literatur-Veranstaltungen. Das Literarische Colloquium Berlin (LCB) lud am vergangenen Samstag zu „Kleine Verlage am Großen Wannsee“ ein. Wie im vergangenen Jahr wollte ich mir das besondere Ereignis nicht entgehen lassen. So packte ich genügend Wasser ein und machte mich mit einer Freundin auf den Weg.

lcb14_secessionEine Rezension, die alle glücklich macht.

Bereits beim Eingang begrüßen mich bekannte Gesichter. Ich lächle und denke: Das ist wie nach Hause zu kommen. Jutta Harms vom Berliner Reprodukt Verlag empfängt mich herzlich und wir unterhalten uns u.a. über die wunderschöne Graphic Novel „Jane, der Fuchs und ich“, die ich bald bei mir besprechen werde. Nur wenige Schritte weiter hält mir Christian Ruzicska, Verleger von secession, eine wohlwollend und schön geschriebene Rezension zu „Wenn mit meiner Unschuld nicht alles vor die Hunde ging“ von Emmanuelle Bayamack-Tam stolz entgegen. Derweil ich die Besprechung genauso euphorisch lese, blättert meine Begleiterin mit großer Begeisterung durch „Blumen für Otello – Über die Verbrechen von Jena Klagelieder. Libretto. Dokumentation.“ Dabei entwickelt sich zwischen ihr und dem Verleger ein Gespräch. Genau das sind die magischen Momente, die es selten gibt und die an Orten wie am Wannsee passieren, wenn die Leser sich mit den Machern der schönen Büchern austauschen. Kein Wunder also, dass ich viele strahlende Menschen sehe, natürlich auch den LCB-Programmleiter Thomas Geiger.

lcb14_krillDas Postkartenbuch von Teresa Präauer, erschienen bei der Edition Krill.

Einen Tisch neben secession entdecke ich ein unbekanntes Gesicht, Wolfgang Gosch von der Edition Krill. Der Verlag ist noch taufrisch und zum ersten Mal am Wannsee dabei. „Wir sind ein kleiner Verlag aus Wien und publizieren nur zwei Bücher im Jahr“, erzählt der Verleger. Eine spezielle Ausrichtung gebe es nicht: „Wir machen das, was uns gefällt.“ Wie z.B. das Postkartenbuch „Taubenbriefe von Stummen an anderer Vögel Küken“ von der Autorin Teresa Präauer, deren Bücher im Wallstein Verlag erscheinen. Die Edition Ebersbach entzückt mich und meine Begleiterin gleichermaßen mit den vielen wunderbaren Titeln sowie einem Aufsteller, der jeden vorbeilaufenden Besucher begrüßt.

lcb14_edition_ebersbachBücherfeinkost zum Bestaunen: Der schöne Aufsteller der Edition Ebersbach.

Beim Verbrecher Verlag angekommen, schaffe ich es gerade noch rechtzeitig, den Verleger Jörg Sundermeier zu begrüßen und zur diesjährigen Hotlist-Nominierung des Buches „Eine Tonne für Frau Scholz“ von Sarah Schmidt zu gratulieren, bevor er davonschreitet. „Unsere Autorin Sarah Schmidt liest gleich aus ihrem Buch“, berichtet er. Ach, stimmt, da ist ja noch das feine Lesungsprogramm, das parallel im Veranstaltungssaal stattfindet. Dort stellt eine Auswahl an Verlegern ihre Bücher vor, lesen selbst oder lassen ihre Autoren lesen. Ich hätte es vor lauter Wiedersehensfreude vergessen und folge schnellen Schrittes dem Verleger. Der Saal ist bis auf dem letzten Platz gefüllt, aber vorne neben der Bühne finden wir noch zwei freie Stühle, lassen uns aus den Kinderbüchern vom diaphanes Verlag vorlesen und amüsieren uns im Anschluss über „Eine Tonne für Frau Scholz“.

lcb14_vvLinks steht sie, die Hotlist-Nominierte „Eine Tonne für Frau Scholz“. 

Danach muss ein kühles Getränk her, und weiter geht’s. Ich wandere von Stand zu Stand, schaffe leider schon wie im vergangenen Jahr nicht jeden Verlag, weil immer weiter vertraute Gesichter auftauchen und sich schnell ein Gespräch entwickelt. Einmal werde ich sogar als Buchhändlerin aktiv und habe die Ehre, am Dörlemann Stand „Tobys Zimmer“ von Pat Barker zu verkaufen. „Sie können ruhig den ganzen Tag hier bleiben“, sagt Sabine Dörlemann scherzhaft. Kurz überlege ich und denke: Das wäre schön, den ganzen Tag Dörlemann Bücher zu verkaufen, doch es rufen noch einige andere Verlage, die ich besuchen möchte. Zum Beispiel den Lilienfeld Verlag, der mich mit vielen feinen Büchern erfreut und einer Publikation aus der „Edition Weltkiosk“ besonders überrascht: „Die Paris Review Interviews“ mit bedeutenden Autoren wie Alice Munro, Haruki Murakami, William Faulkner etc.

lcb14_lilienfeldMeine Entdeckung beim Lilienfeld Verlag: die „Paris Review Interviews“

Auch luxbooks besuchen wir und halten einen Plausch. Zu meinem Bedauern ist Annette Kühn dieses Mal nicht dabei, aber Christian Lux hält die Stellung und schießt zahlreiche Fotos. Beim Berenberg Verlag mache ich eine längere Pause und darf mich sogar auf einen Stuhl setzen. Der Verlag hat sich für die Besucher ein Rätsel ausgedacht, bei dem man Zitate und Bücher zusammenbringen muss. Wer zu den glücklichen Gewinnern gehört, darf sich ein Buch aus dem Verlagshaus aussuchen. Als schließlich die Sonne um die Ecke blinzelt, werde ich wach und stelle fest, wie schnell die Zeit vergangenen ist. Leider brummt es zunehmend in meinem Kopf entsetzlich, so dass ich das Konzert ab 20 Uhr nicht mehr erleben kann. Als ich später im klimatisiertem Regionalexpress zurück nach Berlin fahre, brummt es weiter im Kopf, aber das Glück über den schönen Tag ist größer. Eben ein pefekter Sommertag für die Klappentexterin.

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22 Gedanken zu „Sommer, Sonne, Bücher: Kleine Verlage am Großen Wannsee

  1. masuko13

    Liebe Klappentexterin, das muss so schön gewesen sein am Wannsee! Wieder hast du es geschafft, mir das Gefühl zu geben, ich wäre live dabei gewesen … und nun summt und brummt das Glück in meinem Kopf.
    Einen schönen Tag wünscht dir Masuko

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    1. Klappentexterin Autor

      Schade, dass du nicht dabei sein konntest, aber im nächsten Jahr dann hoffentlich. Schön, dass mein Glück in dein Kopf gehüpft ist und dir mein Bericht so ein kleines Trostpflaster sein konnte.

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      1. buecherliebhaberin

        Das hab ich mir gerade eben angeschaut. Klingt vielversprechend und interessant. Vielen Dank fuer den Hinweis. Schade, dass es noch kein genaues Datum fuer 2015 gibt. Aber dann sieht man sich da …

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  2. Karo

    Ein wirklich sehr schöner Bericht! Das Postkartenbuch sieht ja wirklich kurios aus. Hast du denn beim Zitaterätsel beim Berenberg Verlag mitgemacht und was gewonnen?

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    1. Klappentexterin Autor

      Das Postkartenbuch ist wirklich entzückend. Beim Berenberg Verlag musste ich passen, ganz so belesen bin ich da noch nicht, leider, daher kein Gewinn. Dennoch eine feine Idee!

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      1. Karo

        Ach, die Berenberger haben das Rätsel bestimmt extra schwer gemacht, damit sie nicht so viele Bücher ausgeben müssen 😉

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  3. buecherliebhaberin

    Liebe Klappentexterin,

    Neid ist eine Suende aber ein bisschen neidisch darf ich schon sein, oder?? Ein wunderbarer Bericht. Naechstes Jahr komm ich auch…

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  4. Pingback: Goodbye 2014! | Klappentexterin

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